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Prinzregententheater

Bauen für Bier, Kunst und Konsum

Kultur / Lesedauer: 4 min

Ausstellung im Deutschen Theatermuseum München würdigt den Architekten Max Littmann
Veröffentlicht:31.05.2016, 17:05

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Er baute das Hofbräuhaus und das Kaufhaus Oberpollinger, das Prinzregententheater und die Kammerspiele in München : Max Littmann (1862 - 1931) dürfte einer der meist beschäftigten Architekten seiner Zeit gewesen sein. Seine Spezialität waren Theater. Auch Stuttgart hat einen Littmann-Bau: die dringend sanierungsbedürftige Oper. Das Deutsche Theatermuseum, das den Nachlass Littmanns besitzt, stellt nun Münchner Bauten in den Mittelpunkt der Ausstellung „Theater. Bau. Effekte!“. Eine kleine, aber feine Ausstellung, die auch etwas über die Geschichte der Prinzregentenzeit erzählt.

Was den Wienern die Kaiser- ist den Münchnern die Prinzregentenzeit. Im kollektiven Gedächtnis der Bayern werden bis heute die Jahre von 1886 bis 1912, als Prinz Luitpold für seine Neffen Ludwig II. und Otto die Regentschaft übernahm, zur „guaden oiden Zeit“ verklärt. Und tatsächlich war es eine Boomzeit für eine bestimmte gesellschaftliche Schicht. Das durch Industrie und Handel erfolgreiche Bürgertum verlangte nach politischer und gesellschaftlicher Repräsentanz. Die war durch die Architektur sehr gut darstellbar.

Martin Laiblin , Kurator der Münchner Ausstellung, zeigt Postkartenansichten von großen Wohnkomplexen, die sich die reichen Münchner am Isarquai oder in der Steinsdorfstraße bauen ließen – natürlich von Littmann. Der Chemnitzer Kaufmannssohn plante keine homogenen Einheitskomplexe, sondern ging auf die Wünsche seiner Kundschaft ein und orientierte sich an der Vergangenheit. Die Baukultur vergangener Jahrhunderte wurde munter zusammengewürfelt: Da ein mittelalterlich anmutendes Erkerlein, da ein barockes Portal, hier eine Renaissance-Fassade. Littmann und die Baufirma Heilmann seines Schwiegervaters schufen in München Musterbeispiele des Historismus, die wie die Schack-Galerie auch heute noch stehen.

Die Ausstellung präsentiert die Bauzeichnungen und Fotos, die Postkarten und Modelle unter zwei Aspekten: Kurator Laiblin überschreibt sie mit „Theatralisierte Demokratie“ und „Demokratisiertes Theater“. Seine These ist: Das aufstrebende Bürgertum schätzte prächtige Gebäude, „bei denen theatrale Elemente wirkungsvoll in Szene gesetzt werden können“. Und das gilt nicht nur für die eigenen vier Wände, sondern auch für öffentliche Bauten. Laiblin stellt hier die beiden Großkaufhäuser vor, die Littmann baute. Am 14. Februar 1905 wurde das Kaufhaus Oberpollinger in der Neuhauserstraße eröffnet und nur elf Tage später das Kaufhaus Hermann Tietz gegenüber dem Hauptbahnhof (heute Karstadt). Im Katalog heißt es: „Das moderne Kaufhausprinzip inszeniert offen und greifbar die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Waren, Luxus und elegantem Lebensstil für jedermann. Die Demokratisierung dieser Konsumwelten spiegelt die Demokratisierungstendenzen der Münchner Gesellschaft in der Prinzregentenzeit, denn die unterschiedlichsten sozialen Schichten treffen im offenen Begegnungsraum der Kaufhausarchitektur - ähnlich wie im Foyer eines Theaters aufeinander.“

Moderne Technik, alte Optik

Ein „offener Begegnungsraum“ ist gewiss auch das Bräuhaus, das Max Littmann 1896/97 an der Stelle des alten Königlichen Hofbräuhauses errichtete. Das Ensemble zeigt Littmanns Fähigkeit, auf die unterschiedlichen Bauaufgaben zu reagieren. Hier wird nicht der Metropolenglanz der Kaufhäuser oder der hochherrschaftlichen Bürgerhäuser verströmt. Hier wird einer bodenständigen, freilich weitgehend erfundenen Tradition gehuldigt. Und witzig: Der (abgerissene) Vorgängerbau von 1830 mutet uns heute viel „moderner“ an als der behäbige, neue Bierpalast, obwohl das eigentlich ein innovatives Gebäude war: Es wurde mit Eisenbeton gebaut. Diese Spannung zwischen moderner Technik und rückwärtsgewandter Optik ist typisch für diese Zeit.

Die Ausstellung konzentriert sich auf die drei Theater, die Littmann in München gebaut hat. Zwei von ihnen, das Prinzregententheater und die Münchner Kammerspiele (beide 1901) sind noch erhalten. Das 1908 eröffnete Künstlertheater auf der Theresienhöhe wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Ob in Modell oder Skizze und Foto: Es wird deutlich, wie der Architekt auf die unterschiedlichen Anforderungen der Häuser – Oper, Schauspiel, Festspiel – eingeht. Intensiv hat er sich mit der um 1900 einsetzenden Theaterreform-Bewegung auseinandergesetzt. Ziel ist es, wegzukommen vom Logen- und Guckkastentheater. Alle Zuschauer sollen das Bühnengeschehen gleich gut verfolgen können.

Das Prinzregententheater begründete Littmanns Ruf als Theaterarchitekt. 1908 gewann er den Wettbewerb zur Neuerrichtung des Schauspiel- und Opernhauses in Stuttgart . Bei der Fertigstellung 1912 galt es als die modernste Bühne überhaupt. Das sieht nach 100 Jahren anders aus. Eine Renovierung des Stuttgarter Hauses wäre dringend geboten. Ein Blick auf die Geschichte des Prinzregententheaters ist freilich nicht gerade ermutigend: 1964 für die Öffentlichkeit geschlossen, konnte es erst nach über 20 Jahren wieder eröffnet werden.

Ausstellung „Theater.Bau.Effekte!“ bis 3.10. im Deutschen Theatermuseum in München, Hofgarten, geöffnet: Di.-So 10 - 16 Uhr. 15.8. geschlossen. Der ausführliche und reich bebilderte Katalog ist im Henschel-Verlag erschienen und kostet 24,98 Euro.

Im Erdgeschoss ist die kleine Ausstellung „Die Geschichte Europas – erzählt von seinen Theatern“ zu sehen. Sie wurde von sechs Theatermuseen gemeinsam entwickelt und von der Europäischen Union finanziert. Dazu ist ein Magazin erschienen, 5 Euro an der Museumskasse.