Königsbeerdigung
Richard III. und die Kuckuckskinder
Panorama / Lesedauer: 3 min
Im März 2015 haben 600ganz normale Briten die Gelegenheit, einer echten Königsbeerdigung beizuwohnen. Denn dann sollen die sterblichen Überreste von König Richard III. in der Kathedrale von Leicester begraben werden. Damit geht ein archäologischer Krimi zu Ende, der neben den Knochen pikante Details über das Liebesleben des Monarchen zu Tage förderte.
Richard III. lebte von 1452 bis 1485. Shakespeare machte ihn in seinem Drama „Die Tragödie von Richard III.“ als machthungriges Monster unsterblich. Die Geschichte des Knochenfundes erinnert nun an moderne US-Krimiserien wie „ CSI “, kurz für Crime Scene Investigation (Tatortermittler). Im September 2012 entdecken Archäologen unter einem Parkplatz in der 330000-Einwohner-Stadt Leicester Knochen. Diese Knochen werden analysiert und es stellt sich heraus: Sie könnten von Richard III. stammen, der im 15.Jahrhundert bei einer Schlacht in Leicestershire fiel. Sein Tod beendete die sogenannten Rosenkriege zwischen den Adelshäusern York und Lancaster. Die Überreset des Königs sollen von Honoratioren und Öffentlichkeit 2015 zu Grabe getragen werden. Ein Drittel der Karten gehen in den öffentlichen Verkauf. Der Rest unter anderem an Mitglieder der königlichen Familie.
Forensiker von der Universität Leicester hatten nicht nur die Todesursache zu klären – Richard starb nach ihren Erkenntnissen durch einen Schlag auf den Kopf. Sie fanden auch Ungewöhnliches über den angeblich so machtgierigen König heraus. Denn der war wohl kein buckliger Bösewicht, sondern soll in seiner Jugend blond, blauäugig und gar nicht unattraktiv gewesen sein. Das berichtet das Fachmagazin „Nature Communications“ .
Delikate Details
Die Forscher förderten delikate Erkenntnisse zutage: Sie wollen Hinweise gefunden haben, dass die Abstammungslinie des Königshauses keine reine ist. Zwischendurch könnten uneheliche Kuckuckskinder auf dem englischen Thron gesessen haben. Die jeweiligen Königinnen bekamen demnach Söhne oder Töchter, deren Vater nicht der jeweilige Ehemann der royalen Damen war. Richard und seinen Vor- und Nachfahren sind offenbar Kinder untergeschoben worden – oder sie akzeptierten die unehelichen Nachkommen ihrer Frauen stillschweigend. Jedenfalls finden sich unter den noch lebenden Nachkommen des Rosenkriegers bei keinem Übereinstimmungen mit dem Y-Chromosom des Königs. Die meisten Nachkommen tragen laut der Forscher einen recht gewöhnlichen Y-Chromosom-Typ, während die Überreste vom Parkplatz-Fund einen außergewöhnlichen Typ aufwiesen.
Laut der britischen Tageszeitung „Guardian“ spekulieren die Historiker bereits, ob es sich bei einem der Gehörnten um Edward III. (1312 bis 1377) handeln könnte. Dessen dritter Sohn soll von einem flämischen Metzger gezeugt worden sein. Diese Gerüchte gab es noch zu Lebzeiten des Königs, doch der Betroffene bestritt sie stets. Das wäre insofern unglücklich, als dass die gesamte Tudor-Dynastie ihren Herrschaftsanspruch auf diesem John of Gaunt (1340 bis 1399) aufbaut, dessen Namenszusatz „Gaunt“ sich von seinem Geburtsort Gent in der Grafschaft Flandern ableitet. „John of Gaunt war der Vater von Heinrich IV, wenn John of Gaunt also nicht das Kind von Edward III. war, hatte Heinrich IV. keinen Anspruch auf den Thron und auch Heinrich V., Heinrich VI. und indirekt die Tudors nicht“, schreiben die Wissenschaftler der Universität Leicester im Journal „Nature Communication“.
Die Ahnenlinie der jetzigen Königin Elisabeth II. wiederum geht auf die Tudors zurück. Royalisten können allerdings aufatmen: Das bedeutet nicht, dass die Königin ihren Thron und den Palast räumen muss und die Prinzen Charles und dessen Sohn William niemals ihre Regentschaft antreten können.
Das Recht Elisabeths II. auf den Thron basiert auf der Grundordnung von 1701, die die protestantische Erbfolge im englischen Königshaus regelte. „Eine falsche Vaterschaft aus dem Mittelalter wird das Recht auf den Thron der jetzigen Königin nicht anfechten“, erklärte Dr. Anna Whitelock von der Universität London dem britischen Sender BBC.