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Heute vor 65 Jahren erschien das erste Micky-Maus-Heft

Panorama / Lesedauer: 3 min

Heute vor 65 Jahren erschien das erste Micky-Maus-Heft
Veröffentlicht:28.08.2016, 18:29

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Micky Maus kommt ins Rentenalter. Am 29. August 1951 erschien das Magazin erstmals in Deutschland. Das Fazit, 65 Jahre später: Das Heft hat die deutsche Sprache verändert und bereichert, Generationen von Lesern Freude bereitet, aber auch, seufz!, mit den Jahren an Bedeutung und Auflage verloren.

Doch auf dem Speicher oder im Keller eine Kiste mit alten Heften zu finden, und darunter befindet sich das Heft 1 der Micky Maus von 1951 – das ist der Traum vieler Fans und Sammler. Falls dann noch über dem Datum der Titelseite die Preisangabe „75 Pfennige“ steht und nicht irgendwo das verhängnisvolle Wort „Nachdruck“ versteckt ist, dann hat man einen Schatz gehoben. Denn in gutem Zustand kann das Heft 6000 Euro bringen. Mit einer Auflage von 300000 Exemplaren kam „Micky Maus“ – Untertitel: „Das bunte Monatsheft“ – damals in die Kioske.

Im anspruchsvollen Vierfarb-Kupfertiefdruck hergestellt, muss das Heft seinerzeit wie eine bunte Silvesterrakete an einem dunklen Himmel gewirkt haben. Comics und Trickfilme waren Anfang der 1950-Jahre in Deutschland fast unbekannt, 1950 ist lief erstmals ein Disney-Film in den Kinos.

Und dann also die Maus – ein Quantensprung: Micky und sein trotteliger Kumpel Goofy, der getreue Pluto, der kleine böse Wolf und sein durchtriebener Vater – vor allem aber und prominent platziert: Donald Duck , in einer klassischen Geschichte des großen Zeichners Carl Barks.

In den meisten Ländern sind die Disney-Hefte nach Donald benannt, der als cholerischer Loser beliebter ist als der spießig-nette Hutträger Micky, nur in Deutschland ist die Maus Favorit. Deshalb wurde hierzulande nach ihr das Heft benannt.

Bunt ist es, unterhaltsam, betulich. Viele Pädagogen sehen jedoch den Untergang des Abendlandes heraufziehen. Der Jugendschriften-Ausschuss in Hof an der Saale etwa urteilt stellvertretend für viele im Lande: „Comics erziehen zu asozialer Haltung...”, „...haben die Wirkung geistiger Narkotika ...”, „...von ärztlicher Seite werden bei der Gewöhnung an derartige Lektüre sogar gesundheitliche Störungen erwartet...” Dabei ist die Chefredakteurin Erika Fuchseine promovierte Germanistin. Ihr Clou: Sie deutscht die amerikanischen Geschichten ein, macht aus Duckburgh Entenhausen, zitiert Schiller und Goethe, lässt Kinder im damaligen Jugendjargon sprechen, Dagobert altmodisch-herrisch. Wenn ein Wald „Paulahölzchen“ heißt, gibt es das reale Vorbild in ihrem Wohnort Schwarzenbach an der Saale.

Doch manchmal stößt auch sie an kulturelle Grenzen: Eine Geschichte, die an Halloween spielt, in Deutschland damals unbekannt, bleibt lange Zeit unübersetzt. Später wird aus dem Gruselfest dann Karneval, was nur leidlich funktioniert. Dafür macht sie die Namen der Figuren unsterblich – aus Scrooge McDuck wird Dagobert, aus Gladstone Gander der Glückspilz Gustav Gans. Nur Tick, Trick und Track heißen in Heft eins noch Rip, Rap und Rup.

Verschnarchten Sprachhütern bleibt die Sache unheimlich. Deshalb steht im ersten Heft dieser Satz: „Ihr braucht diese wunderschönen Hefte nicht heimlich zu kaufen, sondern dürft sie Euch jeden Monat wünschen. Ihr werdet bald merken, auch die Erwachsenen haben ihre stille Freude dran.“ 2005 stirbt Erika Fuchs hochgeachtet, mit Literaturpreisen ausgezeichnet, nachdem sie viele Tausend Seiten übertragen hat.

Die Namen der Zeichner stehen nicht im Impressum, die Leser sollen denken, alles stamme von „Onkel Walt“ persönlich. Schließlich heißt das Heft ja auch „Walt Disney’s Micky Maus“. Heute sitzt ein ganzer Pool aus Zeichnern an den Tischen, wenige aus Deutschland, viele aus Spanien und Italien.

Der Egmont Ehapa Verlag, in dem das Heft seit seiner ersten Ausgabe erscheint, gibt nicht nur „MM“ heraus, sondern auch die „Lustigen Taschenbücher“, „Asterix“, „Lucky Luke“, „Yps“, Wendy“ und zahlreiche weitere Publikationen. Doch am Anfang steht jener kleine Herr Duck, der gleich in seinem ersten Satz ordentlich angibt: „Mach mir nicht weiß, dass Du reicher bist als ich, Vetter Gustav!“ Unnötig zu sagen, dass er da gerade wieder einmal völlig mittellos ist.