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Festivalsommer

„Die härteste Saison, die wir je hatten“

Panorama / Lesedauer: 3 min

Festivalsommer 2016 war Belastungsprobe für Veranstalter und Versicherer – Ticketpreise könnten 2017 steigen
Veröffentlicht:23.09.2016, 18:14

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Unwetterbedingte Abbrüche und ein finanzieller Schaden in Millionenhöhe – der Festivalsommer 2016 war durchwachsen. „Stresstest für Festivals“ war darum das Motto einer Diskussion von Veranstaltern und Versicherern beim Reeperbahnfestival in Hamburg. Neben den Wetterkapriolen ging es dabei auch um die Terrorbedrohung.

Stephan Thanscheidt, Managing Director und Head of Festivalbooking beim fürs Southside zuständigen Veranstalter FKP Scorpio, bringt es auf den Punkt: „2016 war die härteste Saison, die wir je hatten.“ Festivalfans, die diesen Sommer bei Rock am Ring in Mendig in der Eifel oder beim Southside in Neuhausen ob Eck (Kreis Tuttlingen) waren, könnten geneigt sein zuzustimmen.

Wegen der Unwetter wurde im Juni beim Southside-Festival in Neuhausen ob Eck am Freitagabend der Spielbetrieb zunächst unterbrochen und in den frühen Morgenstunden dann komplett abgesagt. „Durch die Schäden, die beim Southside entstanden sind, hatten wir keine Chance, das erneut zu starten“, sagt Thanscheidt. Beim Hurricane im niedersächsischen Scheeßel konnte der Spielbetrieb mit Verspätung wieder aufgenommen werden.

Die Einbußen sind immens: „Bei Hurricane und Southside sind Schäden im zweistelligen Millionenbereich entstanden“, sagt Thanscheidt. Für die Southside-Fans gab es einen Großteil des Eintrittspreises zurück. Novitas-Versicherungsmakler Matthias Grischke hat viel Erfahrung damit, Veranstaltungen zu versichern. Die von ihm erarbeiteten Versicherungslösungen greifen nicht erst mit Veranstaltungsbeginn, sondern bereits etliche Tage im Vorfeld. Für welche Eventualitäten und in welcher Höhe ein Veranstalter abgesichert sein möchte, ist recht individuell. Die Beträge, für die die Versicherer diesen Sommer aufkommen müssen, ließen sich die kommenden 15, 20 Jahre nicht wieder reinholen, vermutet Grischke. Nachdem die Prämien die vergangenen fünf, sechs Jahre recht stabil geblieben waren, würden sie sich für 2017 merklich erhöhen.

Von Unwettern blieb auch das größte deutsche Rockfestival Rock am Ring nicht verschont: Am ersten Juniwochenende sah sich Marek Lieberberg vom Veranstalterteam nach einer behördlichen Entscheidung gezwungen, den dritten Festivaltag ausfallen zu lassen. Bereits am Freitag gab es eine Unterbrechung.

40 Prozent der Ticketkosten haben die Festivalfans zurückerhalten. Das Maifeld Derby in Mannheim fand am gleichen Wochenende wie Rock am Ring statt, keine 200 Kilometer südöstlich von Mendig . Aus Sicherheitsgründen wurden die Besucher wegen des Unwetters zwar zwischendurch in das Konzertzelt geschickt, aber das Programm musste nicht abgebrochen werden. „Dieses Jahr hat gezeigt, wie unberechenbar das alles ist“, sagt Timo Kumpf, Veranstalter des Maifeld Derbys.

Auch das Thema Terror beschäftigt die Branche. Die Vorkommnisse in Nizza und Ansbach haben Festivalgänger verunsichert. In Nizza waren am 14. Juli 84 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden, in Ansbach ein paar Tage später bei einem Anschlagversuch auf ein Musikfestival 15 Menschen verletzt worden. In Folge haben Veranstalter bei etlichen Festivals und Konzerten das Mitnehmen von Rucksäcken und großen Taschen verboten.

Mehr Polizei und Sicherheitsleute

In Zusammenarbeit mit den Behörden hat Veranstalter FKP für seine Festivals im August die Sicherheitskonzepte überprüft. So waren beim Chiemsee Summer deutlich mehr Zivilpolizisten und Security-Personal im Einsatz. Die Zufahrtsstraßen wurden mit Panzersperren blockiert.

Die jetzt getroffenen Sicherheitsvorkehrungen werden vermutlich auch 2017 so beibehalten werden. „Wir investieren auch in Sicherheitsmaßnahmen, die man nicht sieht und nicht sehen soll“, sagt Thanscheidt. Die Veranstalter wollen aus strategischen Gründen nicht alles publik machen. Stärkere Sicherheitsvorkehrungen sorgten für höhere Kosten. Da die Einnahmemöglichkeiten bei Festivals begrenzt seien, werden wohl auch die Fans die Auswirkungen bei den Ticketpreisen spüren.