StartseitePanoramaAufgegabelt: Zur sündhaften Völlerei ins Kloster Heiligkreuztal

Restaurantkritik

Aufgegabelt: Zur sündhaften Völlerei ins Kloster Heiligkreuztal

Panorama / Lesedauer: 3 min

Aufgegabelt: Zur sündhaften Völlerei ins Kloster Heiligkreuztal
Veröffentlicht:23.10.2015, 16:21

Von:
Artikel teilen:

Der gramgebeugte Städter von heute idealisiert ja das Bild vom klösterlichen Mönchsleben: Versenkung, Ruhe, Dialog mit dem lieben Gott und keine nervenden Mitmenschen – all das soll ihn aus der stressigen Atmosphäre seines Alltags erlösen. Es gibt jede Menge Klöster, die Anti-Stress-Tourismus anbieten. Auch Kloster Heiligkreuztal bei Riedlingen, aus dem die Zisterzienserinnen schon vor 172 Jahren ausgezogen sind, ist mittlerweile ein beliebtes Tagungsdomizil und Übernachtungsbetrieb. Dazu gehört eine Klostergaststätte, in der sich in warmer Kargheit Leib und Seele laben lassen.

Stein, offenes Balkenwerk, dunkle Möbel – alle Voraussetzungen für die Konzentration aufs Wesentliche sind gegeben. Zunächst steht eine kleine Prozession ums überschaubare Salatbüfett an. Krautsalat, Blattwerk, solides Dressing und gleich zweierlei Selleriesalate, einer mit Curry und einer mit Kürbis. Alles sehr aromatisch, bis auf den Rettichsalat, der schon oxidiert ist und daher so schmeckt, als hätte ihn jemand mit Klosterfrau Melissengeist angemacht.

Die Tagessuppe – eine cremige Flüssigkeit mit Stückchen von der Räucherforelle – ist nicht mehr als ganz passabel. Denn der Brühe fehlt Substanz, die auch der Fisch nicht auffangen kann. Immerhin ist sie heiß. Gerade im klösterlichen Umfeld soll der Mensch sich ja in Bescheidenheit üben. Doch dazu ist er nicht allzu lange verdammt – denn mit der Hauptspeise vereint das Haus die ganze Schwere schwäbischer Küche auf einem Teller: Das „Heiligkreuztaler Dreierlei“ besteht aus Krautkrapfen, Maultasche und Kässpätzle. Und als ob das der Völlerei nicht schon genug wäre, ruhen die hoch kalorischen Köstlichkeiten auch noch auf einer Specksoße. Trotzdem geht dem Genießer das Herz auf, denn alle Komponenten sind ausgezeichnet abgeschmeckt – der Käse in den Spätzle ist eine kräftige Sorte, die hausgemachte Maultasche quillt fast über vor schmackhafter Fülle und der Krautwickel ist umgeben von Nudelteig mit Biss.

Eine derart hohe Kaloriendichte kann nur noch die Nachspeise – eine dunkle Mousse au Chocolat – toppen. Und sie ist tatsächlich der Höhepunkt im gesamten Menü. Ja, eine fast wollüstige Versuchung, wie sie ein Christenmensch gerade im Kloster niemals erwarten würde: Das Gefühl auf der Zunge erinnert an weiche Butter. Am Gaumen detoniert die aromatische Schwere der dunklen Schokolade. Das dazu gereichte Kirschkompott sorgt für einen fruchtigen Nachhall. Bemerkenswert: Die Mousse ist tatsächlich selbst gemacht, was die noch erkennbare Struktur von Sahne, Eischnee und Schokomasse offenbart. Frei von Gelatine und dennoch stabil stehend auf dem festen Fundament von Zucker und Fett.

Unter solchen kulinarischen Vorzeichen kommen selbst Agnostiker ins Grübeln, ob ein Leben im Kloster nicht doch dem in der säkularen Welt vorzuziehen sei.

Klostergaststätte Heiligkreuztal

Am Münster 2

88499 Heiligkreuztal

Telefon 07371/9312344

geöffnet Mo. bis Sa. von 11.30-21Uhr, sonntags von 10-18 Uhr. Hauptgerichte 7,30-15,90 Euro.