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Kolumne

Aufgegabelt: Pfullendorfs griechische Götterdämmerung

Panorama / Lesedauer: 3 min

Aufgegabelt: Pfullendorfs griechische Götterdämmerung
Veröffentlicht:07.11.2015, 16:00

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Sogleich steigt der nostalgische Geruch kalten Rauchs in die Nase und kurz streift den Gast ein sentimentales Gefühl: Ja, ja – früher durften die Menschen noch zwischen zwei Happen ihrer Mahlzeit einen tiefen Zug von der Zigarette nehmen.

Und der Geschmack brennenden Tabaks vermählte sich am Gaumen mit dem Essen im Munde. Ein bisschen ist das im griechischen Restaurant Odysseus in Pfullendorf noch immer so. Zwar gibt es einen abgetrennten und mit Glastür versehenen Extraraum für die Freunde des blauen Dunstes. Aber weil es da drin ja kaum auszuhalten wäre, bleibt die Türe während der folgenden Mahlzeit stets offen. Zum Ambiente wäre kurz zu sagen: Wer Säulen mag, der wird das Odysseus lieben.

Der Kellner drückt rasch seine Zigarette aus, schreitet aus dem Raucherkabuff und bringt mit der stolzen Haltung eines griechischen Halbgotts die Karte. Und bei ihrer Lektüre wimmelt es von griechischen Göttern, Philosophen und Politikern. Denn den Inhabern des Traditionslokals gefällt es, ihre Gerichte nach solchen Berühmtheiten zu benennen: Odysseus-Platte, Poseidon-Teller, Archimedes-Platte, um nur ein paar zu nennen. Man stelle sich vor, deutsche Wirte würden bei der Namensfindung schwäbischer Gerichte ähnliche Wege gehen. Da würde ein Zwiebelrostbraten dann wahrscheinlich Günther-Oettinger-Platte heißen, die geschmälzten Maultaschen Friedrich-Schiller-Teller und der Ochsenmaulsalat Winfried-Kretschmann-Schüssel.

Auf den ersten Blick wird außerdem klar, dass die Existenz von Vegetariern für die Wirtsleute nicht mehr ist als eine leise Ahnung. Denn der Genuss eines Standardmenüs im Odysseus ist wie eine Wanderung durch sich auftürmende Fleischberge. Um dieser steilen Herausforderung gerecht zu werden, spendiert der Patron zum Glück vorweg ein Gläschen Ouzo auf nüchternen Magen.

Und dann überrascht der frische Oktopussalat mit einem harmonischen Auftritt: sanfte Säure, kräftiges Olivenöl und zartes Meeresgetier, dazu ein tadelloser Salat mit Schafskäse und zwei Scheiben kräftiges Brot. Da gewinnt Griechenland rasch Sympathiepunkte. Begleitet wird die Vorspeise vom Gedudel einer Art griechischen Ausgabe von Antenne Bayern. Was der Bürger Athens heute eben so hört, während er melancholisch in seinen Rentenbescheiden blättert.

Aber zurück zum Essen: Den Hauptgang verkörpert eine Moussaka, die griechische Variante der Lasagne, mit Hackfleisch, Kartoffeln, Auberginen und Zucchini. Gekrönt ist der Auflauf von einer dicken Bechamelsoße. Und das ist tatsächlich so schwer, wie es klingt. Der Geschmack, freundlich gesagt, solide, ehrlich gesagt, langweilig. Eine rote Soße auf Basis von Tomaten und Paprika hilft da auch nicht viel. Schon gar nicht der mit einem Eis-portionierer auf den Teller gesetzte Reis, der so weit weg ist von körnig wie Pfullendorf von Athen.

In kulinarische Höhen vermag die Nachspeise – ein kuchenähnliches Konstrukt namens Galaktoburiko – das Menü auch nicht zu katapultieren. Der Blätterteig oben ist vollkommen durchgematscht, die Puddingfülle langweilt mit Belanglosigkeit. Trotz der guten Vorspeise, den äußerst günstigen Preisen samt Sättigungsgarantie muss das Fazit lauten: Beim nächsten Mal vielleicht lieber doch wieder eine gepflegte Günther-Oettinger-Platte.

Restaurant Odysseus, Hauptstraße 21, 88630 Pfullendorf, Telefon 07552-40313, . Geöffnet täglich von 12-14.30 Uhr und von 17.30-0.30 Uhr, Mittwochmittag geschlossen. Hauptgerichte 8,50-15,90 Euro.