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Dorfladen

„Ich fühle mich selbstbewusster, seit ich hier arbeite“

Wangen / Lesedauer: 3 min

„Ich fühle mich selbstbewusster, seit ich hier arbeite“
Veröffentlicht:01.12.2010, 10:00

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Die betriebliche Integration von Menschen mit Behinderung ist im Dorfladen in Haslach ein Erfolg. Jeweils zwei Vormittage in der Woche arbeitet Michaela Glock, Bewohnerin der katholischen Behindertenhilfe St. Konrad Haslach, im „Unser Laden“ mit.

Von unserer Mitarbeiterin   Hanna Spengler

Es ist Donnerstagvormittag, 11 Uhr. Konzentriert sortiert Michaela Glock (50) im hinteren Teil des Dorfladens die angelieferten Spätzle-Tüten ins Regal. Der höflichen Frau, kurze Haare, Brille, fehlen Finger und Zehen – sie ist Contergan-Geschädigte, leidet an einer Sehschwäche und gilt als geistig behindert. „Ich räume Lebensmittel ein, bediene beim Brot oder spüle Geschirr“, sagt Glock. „Nur Tätigkeiten wie Kartons öffnen oder große Gemüse-Dosen greifen, fallen mir schwer.“

Ob Tomaten einsortieren, Waren etikettieren, oder an der Servicetheke Seelen ausgeben: Seit 2008 geben die genossenschaftlich geführten Dorfläden Schomburg Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, an den beiden Standorten Haslach und Primisweiler mitzuarbeiten. Dabei kooperieren sie mit der St. Jakobus Behindertenhilfe, zu der die Einrichtung St. Konrad gehört, und der St. Gallus-Hilfe der Stiftung Liebenau.

„Durch die gute Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern sind die behinderten Menschen in unserem Dorfladen integriert und akzeptiert“, sagt Albert Beaumart , Geschäftsführer der Genossenschaft. Wie Karin Schlichtling-Lau, Vorstandsmitglied der Dorfladen Schomburg eG und verantwortlich für die Koordination der Mitarbeiter mit Behinderung, berichtet, seien die integrativen Arbeitsplätze nur möglich, weil Mitarbeiter, Behinderteneinrichtungen und Kunden das Konzept unterstützten. „Alle ziehen an einem Strang!“, hebt sie hervor.

Michaela Glock ist die erste, die vor eineinhalb Jahren durch ein vierwöchiges Praktikum ihren Platz im „Unser Laden“-Team fand. Heute arbeitet sie acht Stunden in der Woche in dem modernen Tante-Emma-Laden, den Rest der Woche in der Werkstatt in St. Konrad. „Ich fühl mich selbstbewusster seit dem ich hier arbeite“, sagt sie. „Außerdem sehe ich hier mal andere Gesichter.“

„Michaela ist fit, es macht Spaß mit ihr zu arbeiten!“, betont Vollzeitkraft Susanne Groß. Die Kunden plauderten und scherzten mit ihr, schätzten ihre freundliche Beratung. „Alle im Dorf kennen und mögen Michaela“, betont Groß. So wie Kundin Gertrud Holzer (47). Sie sagt: „Ich empfinde sie gar nicht als behindert.“ Doch Michaela Glock braucht während der Arbeit Betreuung: „Ganz alleine kann ich sie nicht lassen“, sagt Groß. Glock benötigt zum Beispiel beim Auspacken von Kartons und beim Einräumen Hilfestellung.

Wie Schwester Veronika, zuständig für die Werkstatt für Menschen mit Behinderung in St. Konrad, betont, leiste der ausgelagerte Arbeitsplatz einen wesentlichen Beitrag zu Selbstbestimmung. Zwar seien die Heimbewohner in Haslach als Fans des Fußballvereins oder als Mitglieder des Kirchenchors im Dorfleben integriert. Das Dorfladen-Konzept habe jedoch einen neuen Ansatz: „Hier funktioniert Integration über die Arbeit!“ Wie Geschäftsführer Beaumart ergänzt, sei neben Michaela Glock derzeit auch Simone Brose aus Amtzell jeweils zwei Vormittage pro Woche im „Unser Laden“ in Haslach tätig. Von 2011 an soll eine dritte Mitarbeiterin mit Behinderung am Standort Primisweiler dazukommen.